Martel Schwichtenberg (1896-1945)

 

Martel Schwichtenberg ist eine lebensbejahende, lustige Frau mit einer spannenden Vita und jeder hatte schon einmal einen von Schwichtenberg gestalteten Gegenstand in der Hand –eine Leibniz-Keks-Packung oder ein Produkt aus dem Haus Bahlsen. Auch 50 Jahre nach ihrem Tod werden noch einzelne grafische Elemente von ihr verwendet, bis hin zum Bahlsen-Logo.

1914 beginnt Schwichtenberg eine künstlerische Ausbildung in Düsseldorf und hat bereits 1915 ihre erste Ausstellung im Kunstgewerbehaus Hagen, eine weitere im Folkwang-Museum Düsseldorf. Die Kunstmäzene Hermann Bahlsen und Carl Ernst Osthaus fördern Schwichtenberg und verschaffen ihr zahlreiche auch gebrauchsgraphische Aufträge. 1919 geht sie in die pulsierende Metropole Berlin, genießt zahlreichen Feste, das Nachtleben und gibt sich den Vornamen Martel nach einer bekannten französischen Cognacmarke. Hier hat sie ihre ganz große Zeit. Finanziell durch einen Festvertrag mit Bahlsen abgesichert, richtet sie 1920 in Berlin-Charlottenburg ein Atelier ein, wird Mitglied im Werkbund und in der revolutionären Novembergruppe. In Berlin trifft sie auch den Maler Willy Robert Huth wieder, den sie noch aus Düsseldorf kennt, und beide heiraten. 1924 erfolgt bereits die Scheidung. Sie ist befreundet mit Max Pechstein und steht stilistisch den Brücke-Künstlern nahe. Der einflussreichste Berliner Galerist Ferdinand Möller widmet Schwichtenberg 1923 eine sehr erfolgreiche Einzelausstellung. Schwichtenberg ist 1924 in der Ausstellung „ A Collection of Modern Art“ bei der Anderson´s Galleries in New York vertreten. Große Erfolge feiert sie auch mit gemalten Porträts ihrer Freundinnen aus der Berliner Kunstszene.

1933 reist sie nach Südafrika aus und baute sich eine neue Existenz auf. 1939 endet ihr afrikanischer Traum mit einem Brand, welcher ihr Domizil und das Atelier mit 400 Aquarellen und vielen Arbeiten, welche sie aus Deutschland mitnahm, vernichtet. Nach einem privaten Besuch in München verhindert der Kriegsausbruch ihre erneute Ausreise nach Südafrika. Schwichtenberg lebt während der Kriegszeit einsam und zurückgezogen in Süddeutschland. In ihrem letzten Lebensjahr findet sie noch einmal zurück zu ihrer künstlerischen Kraft.

Zu ihrem 100. Geburtstag zeigte das Bahlsen-Museum in Hannover einen Überblick über ihr werbegraphisches Œuvre. Die auch sehr erfolgreiche Malerin ist bis heute, wie viele Künstlerinnen jener Zeit, nie richtig wiederentdeckt worden.

"Ein Mann zwischen zwei Frauen", 1920

Bleistift auf leichtem Karton

30 x 22,8 cm

sig. u. datiert sowie im Passepartout freigestellt und unter Glas gerahmt.

In Südafrika verbrannte ein großer Teil ihrer Arbeiten, umso wertvoller erscheinen uns diese Kleinode ihres Schaffens.

"Tänzerin", um 1920

2 x Bleistift auf gelbem Papier,

jeweils 10,5 x 15,5 cm

Auf größerem Papier fixiert, versus mit Nachlaßstempel Martel Schwichtenberg.

 

Im Frühjahr 1919 zieht Martel Schwichtenberg nach Berlin, die Metropole für die künstlerische Avantgarde. Die lebenslustige Schwichtenberg taucht in die Atmosphäre der Hauptstadt ein und genießt das Nachtleben und den Foxtrott. Die vorliegenden Bleistiftzeichnungen zeugen von der Faszination der Künstlerin für den Tanz und verdeutlichen ihre von den "Brücke"-Künstlern beeinflußten expressionistischen Stilmerkmale.

 

"Akt", um 1930

Federzeichung auf Papier

18 x 22,7 cm

Auf größerem Papier fixiert, versus mit Nachlaßstempel Martel Schwichtenberg.

 

"Mann mit Vogelnest auf dem Hut", um 1920

Federzeichung auf Papier

17 x 24,7 cm, unter Passepartout aus einem Skizzenbuch, auf größerem Papier fixiert, versus mit Nachlaßstempel Martel Schwichtenberg.

 

"Holländer mit Blumen im Bart", um 1920

Federzeichnung auf Papier

17 x 24,7 cm, unter Passepartout aus einem Skizzenbuch, auf größerem Papier fixiert, versus mit Nachlaßstempel Martel Schwichtenberg.

"Frau am Tisch", um 1944

Bleistift auf Rechnung

10 x 15,5 cm

Auf größerem Papier fixiert, versus mit Nachlaßstempel Martel Schwichtenberg.

 

Bei der Zeichnung handelt sich um eine Vorstudie. Schwichtenberg hat bereits im vorliegenden Blatt die zu verwendenden Farbtöne an entsprechenden Stellen mit Bleistift notiert. Nach einem Besuch in Deutschland brach der 2. Weltkrieg aus und Martel Schwichtenberg konnte Deutschland nicht mehr verlassen. 1944 wandte sie sich nach längerer Schaffenspause, welche sie in Glotterbad, Badenweiler und bei Gräfin Zeppelin in Laufen verbrachte, noch einmal der Malerei zu.

 

 

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© Heiko Ahrens